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Geschichte Usghorods

 

Sakarpatia (Transkarpatien Ukraine, Ruthenia, Karpatorus) – der historische Name des Territoriums, das
nun die ukrainische Region Transkarpatien mit dem Zentrum in der Stadt Uschhorod bildet. Die ersten
dokumentierten Nachweise für die Anwesenheit von Juden in der Geschichte der Gegend gehören zur
ersten Hälfte des 17. Jahrhundert, als Transkarpatien zum Königreich Ungarn gehörte. Nach dem
Massaker der Truppen von B. Khmelnitsky ließ sich ein Teil der Juden, die aus Polen nach Ungarn
geflohen war, in Transkarpatien nieder.
Uschhorod (Ungarisch, Deutsch, Jiddisch – Ungvar (אונגוואר)) – eine Stadt in der Ukraine, das
Verwaltungszentrum der Region Transkarpatien.
Die Stadt liegt im äußersten Südwesten der Ukraine, an der Grenze zu Ungarn und der Slowakei. Nach
Angaben des regionalen statistischen Amtes betrug die Bevölkerung der Stadt zum Ende des Jahres 2013
etwas weniger als 116 000 Menschen.
Uschhorod wurde zum ersten Mal in der Chronik „Gesta Hungarorum“ im Jahr 872 erwähnt. Im Jahr 894
gingen ungarische Stämme durch die Stadt, und es wird in den ungarischen Chroniken erwähnt. Die
ersten sicheren Mitteilungen über Juden in Uschhorod stammen aus den 16. bis 17. Jahrhunderten. Bis
zum Jahr 1690 wohnten 2-3 jüdische Familien in der Stadt.
In den späten 1720er Jahren gab es etwa 30 jüdische Familien in der damals zu Österreich gehörenden
Stadt. Im Jahr 1730 luden sie den Rabbi Leibush Bodek-Reisman aus Lemberg ein; er gilt als Begründer
der lokalen Gemeinde.
Am Ende des 18. Jahrhunderts waren die ungvaren Juden vor allem als Branntweinbrenner tätig, und
einige jüdische Familien beschäftigten sich mit der Landwirtschaft der Nähe der Stadt; beide waren
extrem arm. Vor dem Holocaust wohnten 70% der Juden in Dörfern.

Im Jahr 1777 wurde eine Schule in der Gemeinde eingerichtet, die Beerdigungsgesellschaft „Chewra
Kadischa“ und zugleich wurde ein Friedhof organisiert, einer der größten in Transkarpatien.
Im Jahr 1805 wurde die erste große gesamtstädtische Synagoge gebaut.
Im 19 Jahrhundert wuchs die Zahl der jüdischen Bevölkerung von Ungvar; bis zum Beginn des 20
Jahrhunderts erreichte sie 5200 Menschen.
In den Jahren 1815-19 wurde Hirsch Heller (Herschele Harif) der Rabbi der Stadt, in den 1835-1852
Jahren – Meir Eisenstädter (Maharam Esh, starb im Jahr 1852), in den 1852-1870 Jahren folgte sein Sohn
Menahem; alle drei gehörten zu den geistlichen Führern der ungarischen Orthodoxie.
Im Jahr 1849 wohnten 6717 Juden in Uschhorod und Komitat Ung, von denen 2500 (31% der
Gesamtbevölkerung) in Uschhorod.
1850-81 Jahren war Beth Din von Ungvar vom Rabbi Shlomo Ganzfried (1804-1886), gebürtig aus
dieser Stadt, der Autor des berühmten halachischen Werkes „Kitzur Shulchan Aruch“ geleitet.
1868-69 entstand in der Stadt eine Gemeinde von „Neologen“ (Reformern) unter der Leitung von Rabbi
Mordechai (Moritz) Klein, doch bald erklärte sie sich zur „Gemeinde des Status quo“. Später kehrte die
Mehrheit ihrer Mitglieder zum orthodoxen Judentum zurück.
Im späten 19. und frühen 20 Jahrhunderten nahm in Ungvar der Einfluss des Chassidismus zu: in der
Stadt lebten Tzaddik Yitzhak Teitelbeum (1869-1944) und Issachar Ber Lifshitz (1889-1944), die Vertreter
der Przemysl-Dynastie Issachar Ber Leifer (1859-1923) und seine Söhne Meir, Chaim, Leib und Reuven
Menachem und auch Chaim Ja'akow Safrin (1892-1969) aus der Schidatschew-Dynastie.
Von 1864-78 funktionierte in Ungvar eine jüdische Druckerei, gegründet von K. Jäger; 1890 wurde eine
jüdische Schule mit Ungarischunterricht eröffnet. Ende des 19. Jahrhunderts gingen die meisten
gebildeten und wohlhabenden Juden der Stadt zur ungarischen Sprache über, die meisten sprachen
jedoch weiterhin Jiddisch.
In den 1870-80- er Jahren sank der Lebensstandard als Folge der Wirtschaftskrise, aber eine reiche
Schicht der jüdischen Bankiers, Fabrikanten, Erdölmagnaten, der großen Händler, Grundbesitzer und
Angehörigen der freien Berufe trat hervor. Die überwiegende Mehrheit der Juden waren jedoch immer
noch kleine Händler, Schankwirte, Handwerker und Bauersleute.
Zum Jahr 1890 lebten in Transkarpatien etwa 100 000 Juden, davon 3735 in Uschhorod (etwa ein Drittel
der Bevölkerung der Stadt). Im selben Jahr wurde eine jüdische Schule mit Ungarischunterricht eröffnet.
Die Arbeitslosenquote war gestiegen. Da die Gegend der Vorkarpaten stark abgewirtschaftet war,
kamen die Bauen in die Stadt und ersetzten die Juden in vielen Industrien als billigere
Arbeitskräfte. Viele Juden lebten nur auf Kosten der Nächstenliebe. Der Einfluss des Chassidismus nahm
zu.
Die Wirtschaftskrise von 1900-1903 Jahren führte dazu, dass viele jüdische Familien auswanderten.
Trotzdem kamen im Jahr 1912 45% des Gesamteinkommens von der Stadt Uschhorod durch Juden
herein. 1250 jüdische Familien waren in der Stadt ansässig. Jiddisch war die Haussprache, wenige
sprachen Deutsch, die Elite sprach Ungarisch.
Im Jahr 1904 wurde im maurischen Stil eine große Synagoge, im Jahr 1909 – eine große chassidische
Klaus erbaut.

Im Jahr 1914 kamen Tausende von jüdischen Flüchtlingen aus Galizien in Ungvar an, die von russischen
Truppen vertrieben worden waren; mit der Annäherung der Front an die Stadt verließen die meisten
Juden der Stadt, aber im Jahr 1915, als die Gefahr vorbei war, kehrten fast alle zurück.
Im Jahr 1919 wurde Uschhorod in die Tschechoslowakei aufgenommen und wurde zum
Verwaltungszentrum der Podkarpatorus (Transkarpatien-Ukraine). Dies trug zum Aufblühen der
jüdischen Gemeinde bei.
Nach der Volkszählung von Podkarpatorus im Jahr 1921 lebten 93.023 Juden (mehr als 15% der
Bevölkerung) in der Gegend, hauptsächlich in den Städten. In Uschhorod machten Juden immer noch ein
Drittel der Bevölkerung aus.
Seit dem Jahr 1919 funktionierten zwei primäre jüdische Schulen in Uschhorod (in einer wurde in der
tschechischen Sprache, in der anderen auf hebräisch unterrichtet) und seit dem Jahr 1924 – ein
jüdisches Gymnasium, in dem auf Hebräisch unterrichtet wurde.
Im Jahr 1919 entstand eine zionistische Organisation; in den 1930er Jahren wurde die Stadt zu einem
Zentrum der revisionistischen Bewegung.
In der Zwischenkriegszeit wurde die zionistische Wochenzeitschrift "Zsido Neplap" in Uschhorod
herausgegeben; die jüdische Druckerei, gegründet im Jahr 1926 vom M. Hellesch, existierte bis zum
Zweiten Weltkrieg.
Im Jahr 1930 lebten 7357 Juden in Uschhorod, im Jahr 1938 – 9676 (???). Sie waren die überwältigende
Mehrheit der Händler und wurden in kommunale Behörden gewählt. Eine der Straßen trug den Namen
von T. Herzl, die andere wurde zu Ehren des örtlichen Arztes W. London benannt.
Diese positiven Veränderungen wurden durch die Krise der späten 1920er und frühen 1930er Jahren
unterbrochen. Mitte der 1930er Jahre zeichnete sich ein neuer Aufschwung ab, obwohl die sozialen
Probleme, insbesondere verbunden mit der Beschäftigung der Bevölkerung, nicht vollständig beseitigt
wurden.
Handwerker jüdischer Herkunft spezialisierten sich auf das Nähen der Kleidung und Schuhe, Zimmerei,
Bäckerei, Schmuckhandwerk und Banken. Wohlhabende jüdische Familien hatten Ziegelfabriken,
Mühlen, Restaurants, Bäckereien.
Die Brüder Mosсhkowitsch besaßen eine Ziegelfabrik in der Mineiskaja-Straße (heute die Schwabskaja),
die im Jahr 1944 ein Teil des Ghettos wurde. Die zweite Ziegelfabrik in der Nähe des Bahnhofs gehörte
dem Juden Philipp.
Bis heute ist die Mühle der Brüder Isidor und Michail Weisser in der Mukatschewskaja-Straße erhalten
geblieben, die in der Sowjetzeit verstaatlicht wurde. Der Transport von Passagieren und Waren wurde
von der Firma "Kovach und Rosenberg" übernommen.
Nachdem im November 1938 Ungvar (wie später die ganze Podkarpatorus) unter die Herrschaft Ungarns
geriet, kamen sie unter die dort geltenden rassischen antisemitischen Gesetze.
Im Winter der 1939-40er Jahren wurden die Juden polnischer Herkunft (einschließlich jener, die vor
1938 die tschechoslowakische Staatsbürgerschaft hatten) nach Polen deportiert; einige der Deportierten
starben unterwegs.

In вут 1941-42 Jahren wurden viele junge Juden in Arbeitsbataillone mobilisiert, die dann in die
Frontzone auf dem Territorium der Sowjetunion geschickt wurden, wo die Mobilisierten meistens
starben oder in Not und Überarbeitung starben.
Am 21. und 23. April 1944 trieben die deutschen Nazis, die Ungarn besetzten, fast alle Juden von Ungvar
und Umgebung (etwa 25 000 Menschen) in ein Ghetto außerhalb der Stadt auf dem Territorium einer
Ziegelfabrik und eines Schnittholzlagerplatzes. Juden durften nur so viele Dinge mitnehmen, wie sie in
ihren Händen tragen konnten.
Im Mai und Juni desselben Jahres wurden alle Bewohner des Ghettos nach Auschwitz deportiert. Nur
etwa 2000 der ungvaren Juden überlebten den Holocaust. Denjenigen, die das Territorium Rumäniens
überlebt haben, half Joint. Sie kehrten hauptsächlich nach Israel zurück oder reisten in die
Tschechoslowakei ab.
Nach dem Krieg kamen Tausende von Juden aus den Sowjetregionen in die Stadt und Region. Einige
dieser Leute waren von kommunistischer Ideologie geprägt und weit entfernt von den jüdischen
Traditionen, viele versteckten ihre Wurzeln, änderten ihre Familiennamen. So erschien der Begriff
"lokale" und "östliche" ("russische") Juden.
Lokale Juden hielten die Traditionen aufrecht, gingen in die Synagoge, lebten nach den Gesetzen der
Tora, obwohl sie es nicht immer offen machten. Die östlichen Juden, oft Kommunisten, hielten nicht an
den Traditionen fest.
Im Jahr 1947 wurde das Gebäude der Synagoge dem Kulturministerium der UdSSR übergeben. Jetzt
befindet sich in diesem Gebäude eine Philharmonie. Als das Gebäude wiederaufgebaut wurde, wurden
die jüdischen Elemente geschlossen, die transparente Mosaikkuppel wurde umgebaut. Diese
Änderungen an Dach, Türmchen, Inneneinrichtung zerstörten die einzigartige Akustik des Gebäudes.
Mitte der 1990er Jahre lebten in Uschhorod einige jüdische Familien, die nach dem Zweiten Weltkrieg in
die Stadt zogen.
Das Gebäude der großen Synagoge (es beherbergt die Stadtphilharmonie) und der jüdische Friedhof
sind erhalten geblieben.
In den 2010er Jahre lebten in Uschhorod etwa 800 Juden (und etwa 2500 lebten in der Region
Transkarpatien).