Erinnerung der Zeitzeugen

Hannah Podolskaja

Ich bin im Jahre 1953 in Wladiwostok geboren. Mein Vater ist ein Militärangehöriger gewesen, ein Berufsoffizier, nach dem Krieg wurde er in den Fernen Osten geschickt. Als ich zwei Jahre alt war, zogen wir nach Kiew. Mama und Papa stammten aus dem Kiewer Gebiet, aus der ­städtischen Siedlung Iwankow. Dort lebten sie, dort haben sie sich kennengelernt. Später kamen sie nach Moskau.

In den ersten Kriegstagen ging mein Vater an die Front, er kämpfte an der Leningrader Front, hat den ganzen Krieg mitgemacht. Und meine Mutter wurde mit zwei kleinen Kindern, meinen Brüdern, nach Uljanowsk evakuiert. Dort hat sie Holz verschifft und die Gräben gegraben

Die Familie Witebski

Meine Großmutter Hanna Witebskaja und mein Großvater Jutka Lejb Witebskij wurden in Malina erschossen.

Der Bruder meiner Mutter Ilja ist an der Front umgekommen.

Seine Familie, Ehefrau Riva und Sohn Srul, kamen in Malina um, sie wurden erschossen.

Der Bruder meiner Mutter Samuil machte den ganzen Krieg durch, wurde schwer verletzt, blieb aber am Leben. Seine Familie: Ehefrau Udl und Kinder Danja, Chajm und Wowa wurden in Malina erschossen.

Der Bruder Mischa fiel an der Front. Seine ganze Familie: Ehefrau Chava und Kinder Rachil, Udl und Pinja wurden in Malina erschossen.

Der Bruder Aaron starb an der Front.

Die Schwester Sonja wurde in Malina erschossen.

Die Schwester Fanja überlebte, aber ihr Mann fiel an der Front.

Es war eine gute, große, harmonische Familie, aber nach dem Krieg blieb fast keiner von ihnen am Leben.

Die Familie Podolski

Und das ist die Familie meines Vaters, auch wenn nicht vollständig: meine Großmutter Miriam, mein Vater, als er noch Junge war, sein Bruder. Sowohl Vater als auch sein Bruder haben den ganzen Krieg durchgemacht. Die Schwester meines Vaters Channa, nach der Heirat Volodinskaja, ihr Mann Petja und drei Kinder wurden in Babij Jar erschossen.

Mein Vater hatte noch einen Stiefbruder Srul. (Der leibliche Vater starb 1918 an Typhus. Die Großmutter heiratete zweites Mal und so kam Srul auf die Welt.) Am Anfang des Krieges, als man noch evakuiert werden konnte, setzte die Großmutter den Srulik auf den Pferdewagen, sie wollte, dass er mit den Nachbarn mitkommt. Er fuhr weg, ist aber später geflohen, kehrte zurück und wurde danach in Malina erschossen.

Genesja Micheleewna Podolskaja, die Großmutter meines Vatters, wurde in Babij Jar erschossen.

 

Liubov Karakoz

Ich wurde 1953 in Leningrad geboren, aber alle meine Verwandten und Vorfahren stammen aus der Ukraine.

 

Die Familie meiner Mutter hat in Perwomajsk, Odessa-Gebiet (jetzt Nikolajew-Gebiet) gewohnt. Die Familie meines Vaters hat auch in Odessa-Gebiet, Ort Goloskowo, gewohnt. Die Familien waren recht groß: meine Großeltern mütterlicherseits hatten elf Kinder und meine Großeltern väterlicherseits hatten fünf Kinder (die im Säuglingsalter gestorbenen habe ich nicht mitgerechnet).

Mein Großvater mütterlicherseits wurde in Lodz, Polen, geboren. 1894 heiratete er meine Großmutter Taba Goldguber, die aus Perwomajsk (damals Golta) stammte. Ein Teil der Familie ist in den 30er Jahren in die Stadt Gorkij gezogen, aber drei Brüder meiner Mutter sind in der Ukraine, Stadt Kherson, geblieben.

Meine Großmutter starb kurz vor dem Krieg und mein Großvater zog zu seinen Söhnen nach Kherson. Dort heiratete er zum zweiten Mal. Er war in Kherson als der Krieg ausbrach. Die Söhne wurden an die Front einberufen und deren Ehefrauen konnten rechtzeitig evakuiert werden. Sie haben versucht, den Großvater zu überreden mitzufahren, aber er hat sich geweigert. Er wollte seine Frau, die eine behinderte Tochter hatte, nicht zurücklassen. Er hat gesagt „Uns kann nichts Schlimmes passieren!“ So blieb er in Kherson.

Meine Mutter hat mir von seinem Schicksal erzählt, aber sie selber hatte keine genaue Information. Nach dem Krieg gab es in der Sowjetunion keinen Begriff „Holocaust“. Es wurde davon nicht öffentlich geredet, aber die Leute wussten, was mit Juden geschehen war, als die deutschen Truppen in die Stadt einmarschierten. Man konnte vermuten, er sei ums Leben gekommen. Meine Mutter hat versucht ihn zu finden, sie verschickte Briefe, die nicht beantwortet wurden. Nur einmal hat sie eine Antwort vom Kriegskommissariat bekommen, dass ihr Vater nicht in den Listen der Gefallenen eingetragen war. In dem Brief stand, dass während der Besatzung der Stadt Kherson drei Tausend sowjetische Bürger ums Leben gekommen waren, aber von den Juden wurde kein Wort gesagt. Meine Mutter konnte nur vermuten, was tatsächlich passiert war.

Ich reiste öfters nach Kherson und einmal auf dem Rückweg kam ich mit einer mitreisenden Frau ins Gespräch. Es stellte sich heraus, dass sie, damals, während des Krieges in Kherson, 17Jahre alt war. Ich erzählte ihr, dass mein Opa dort gelebt hatte und umgekommen war. Sie fragte, wie er hieß. Es stellte sich heraus, dass sie Nachbarn waren. Sie erzählte, wie die Deutschen in die Stadt einmarschierten und zwei-drei Tage später mit der Suche nach Juden begannen. Eines Nachts haben sie alle Juden aus ihren Häusern getrieben und nebeneinander in Reihen gestellt. Die Frau sagte, sie habe so einen herzzerreißenden Schrei nie im Leben gehört. Diesen Alptraum erlebt sie immer wieder. Da standen alle zusammen – Frauen, Kinder, ältere Menschen, Behinderte in Rollstühlen… Sie wurden dann in Kolonnen abgeführt und am nächsten Tag kursierten Gerüchte, dass man alle Juden erschossen hatte. Als den Deutschen die Patronen ausgingen, fingen sie an, Menschen lebendig in den Gräben zuzuschütten.

So habe ich erfahren, wie mein Großvater, Kovler Ksil-Wolf ermordet wurde. Sein Name ist im Erinnerungsbuch in Yad Vashem eingetragen.

Nelly Tsypina (Gordon)

Ich wurde am 16. September 1932 in Dnepropetrovsk geboren. Mein Vater war damals Student an der Bergbauhochschule. Nach dem Studium bekam er eine Stelle in Donbass und unsere ganze Familie übersiedelte dorthin.

 

In der Familie waren 6 Kinder. Meine Mutter war die jüngste und Tante Rosa – die älteste. Tante Rosa war nicht verheiratet, hatte keine eigenen Kinder und sie kümmerte sich um mich. Sie war Ärztin in der Eisenbahnerklinik in Dnepropetrovsk. Da ich Kniebeschwerden hatte, bot sie meinen Eltern an, mich nach Berdjansk zu begleiten um meine Gelenke im Moorbad behandeln zu lassen. Wir waren dort als der Krieg ausbrach. Meine Tante als Wehrpflichtige sollte sofort zurückfahren. Sie brachte mich zum Opa nach Dnepropetrovsk. Mein Opa wollte von der Evakuierung nichts hören. „Die Deutschen sind ein zivilisiertes und wohlerzogenes Volk. Uns kann nichts passieren“, sagte er. Wir warteten auf meine Eltern, die mich abholen sollten. Als mein Opa endlich zugestimmt hatte, fuhren wir zum Bahnhof. Wir drängten uns in einen Waggon und warteten auf die Abfahrt, als plötzlich der stärkste bisher in Dnepropetrovsk Bombenangriff auf Bahnhof begann. Unser Waggon schaukelte von den Schockwellen. Es gelang uns aus dem Waggon herauszuklettern und wir verließen den Bahnhof. Wir zogen in die Wohnung der evakuierten Verwandten in der Nähe. Es ist uns nicht gelungen zu fliehen. Die Stadt wurde von den deutschen Truppen besetzt und kurz darauf waren überall auf den Zäunen Blätter zu sehen mit dem Befehl an Juden, den sechszackigen Davidsstern zu tragen und dem Verbot die Restaurants und Cafés, die noch in Betrieb waren, zu besuchen. Einige Zeit später kam ein neuer Befehl heraus, dass alle Juden mit Wertsachen neben dem Warenhaus am Marxprospekt sich versammeln sollten. Wer nicht kommt – wird erschossen. Die Menschen bildeten eine lange Kolonne, darunter Kinder. Manche fuhren in Kutschen. Sie ahnten nicht, wohin sie abtransportiert werden – wahrscheinlich nach Palästina, dachten sie. Die Kolonne marschierte Richtung Bahnhof, dann an den Bahnhof vorbei. Einige sagten, es gäbe einen Güterbahnhof und wir würden von dort abfahren. Manche hatten schon eine Vorahnung. Ich erinnere mich, wie ein junger Mann einer weinenden Frau sagte „Warum weinen Sie? Es ist nicht schrecklich durch eine Kugel zu sterben – es dauert nur einen Augenblick!“ Wir verließen die Stadt und zogen durch die Steppe. Ich lief die Kolonne entlang. Ich hatte keine Angst, da ich es einfach nicht kapierte. Ich sah einen unserer Nachbarn auf dem Boden liegen, er hatte ein kleines Rundes Loch im Kopf.

Nachdem wir die Stadt verlassen haben, wurden wir von den Deutschen in schwarzer Uniform mit Hunden weiterbegleitet. Wir wurden an einem Zaun angehalten und dem Zaun entlang verteilt. Das war am früheren Nachmittag, um 12, vielleicht 13 Uhr. Plötzlich fielen die Schüsse, ein Feuerstoß. Die Leute haben begriffen, was uns erwartete. Alle Wertsachen sollte man zurücklassen. Es lagen Berge von Sachen und Lebensmitteln herum.

Es war Oktober. Tagsüber war es sonnig und warm, nachts aber sehr kalt. Die ganze Nacht standen wir Schlange, warteten bis wir dran waren. Einige hielten es nicht aus, starben an Herzinfarkt. Überall waren Leichen zu sehen.

Als die Sonne aufging hörte man wieder Feuerstöße. Ich nahm immer wieder Opa und Tante Rosa an der Hand und führte sie zum Schluss der Kolonne. Doch schließlich waren auch wir dran. Wir näherten uns dem Graben, von dort kam ein starker unangenehmer Gestank, der mich später sehr lange verfolgte. Als wir am Rande standen, schubste mich mein Opa… Was dann geschah, weiß ich nicht.

Als ich zu sich kam, spürte ich einen Druck, es war sehr kalt. Ich fing an zu kriechen, schließlich bin aus dem Graben herausgekrochen und plötzlich sah ich zwei Stiefel vor mir. Ich hob den Kopf hoch und sah einen Deutschen in Uniform vor mir stehen. Ich hatte ihn früher gesehen. Er war offensichtlich Dolmetscher, konnte Russisch. Ich dachte, er würde mich töten. Er sah mich an. Ich stammelte eine Geschichte heraus, dass ich hier zufällig bin, dass meine Eltern in Donbass wohnen. Er sagte, „Komm mit mir“, dann führte er mich zum riesen Sachenhaufen, zog ein großes Tuch heraus und wickelte mich darin ein, weil ich so schmutzig war, gab mir ein großes Brot und sagte, „Gehe in die Stadt“. Ich wusste nicht, wohin ich gehen sollte. Ich wohnte hier nicht. Er sagte, ich sollte dem Polizist folgen. Der Polizist ging vor mir, ich folgte ihm.

Wir kamen in einen Hof, wo eine jüdische Familie mit zwei Kindern wohnte. Es gab nichts zu essen. Ich blieb ein paar Tage dort, dann nahm mich ein Kinderloses Paar namens Zubkov zu sich und ich blieb bei ihnen. Später hat jemand gemeldet, dass eine jüdische Tochter in der Familie lebt. Eines Morgens hörte man ein lautes Türklopfen, zwei Männer in Uniform traten ins Zimmer ein und sagten „Jude, Jude“. Maria Zubkova erzählte, ich wäre ihre Verwandte, aber sie hatte keine Beweisdokumente und ich wurde verhaftet.

Maria fuhr in ihr Heimatdorf, ging zum Priester und bat ihn um Hilfe. Er gab eine schriftliche Bestätigung, dass ich dort geboren wurde und mit dieser Familie verwandt bin. Das Dokument wurde in der Kommandantur vorgelegt und ich wurde befreit. Danach wurde ich von den Zubkovs adaptiert. Ich wurde Zubkova Nelli Vassiljewna. Eines Tages war ich krank. Meine Adoptiveltern waren im Dorf einkaufen und eine Freundin rief den Arzt. Ich erzählte der Ärztin meine Geschichte und sie fing an, nach meinen leiblichen Eltern zu suchen. Als meine Tante aus der Evakuierung zurückkam und zufällig diese Ärztin aufsuchte, wurde sie aufmerksam, weil wir den gleichen Namen hatten. Die Ärztin fragte sie, ob die Familie jemand vermisste. So hat man mich gefunden. Meine Eltern wurden per Telegramm informiert und am nächsten Tag kam mein Vater.

 

Peter Romanenko

Geboren am 1. Februar 1936 in Kiew. Ich, meine Eltern und meine Schwester wohnten in einer großen Wohnung zusammen mit meinen Großeltern mütterlicher Seite (Familie Nürenberg), der Schwester meiner Mutter mit Ehemann, dem Bruder meiner Mutter mit Ehefrau und deren zwei Kindern. Meine Großmutter pflegte auch ihren Enkelsohn Rem, den Sohn ihrer 1934 repressierten Tochter. Rem hatte noch den älteren Bruder Kim, der vor dem Krieg am Kiewer Konservatorium studiert hatte. Unsere Familie war sehr groß: meine Großeltern hatten 17 Kinder. Als der Krieg ausbrach, wurde mein Vater sofort an die Front einberufen. Der Ehemann meiner Tante hat einen „Transport“ für uns organisiert – zwei nicht eingerittene Pferde mit Kutsche, da wir evakuiert werden mussten. Doch mein Opa hat gesagt: „Ich kämpfte gegen die Deutschen in 1914. Ein sehr intelligentes Volk! Ich bleibe hier, es wird nichts passieren“. Mittlerweile kursierten schon Gerüchte über die Vernichtung der Juden. Er hat auch seinen Sohn mit Ehefrau und zwei Kindern überredet zu bleiben und sie sind da geblieben. Aber meine Oma mit dem Enkelsohn Rem, ich, meine Mutter, mein anderer Onkel und die Tante sind geflohen und deswegen sind wir am Leben geblieben.

Mein Opa Efim, mein Onkel Avraam, seine Ehefrau Alla und deren zwei Kinder wurden am 29. September in Babij Jar ermordet.

Kim ist auch in Babij Jar gefallen. Alle seine Kommilitonen am Konservatorium gingen Kiew zu verteidigen, ging er auch mit. Seine Kampfeinheit wurde zerschlagen, aber Kim hat wie durch ein Wunder überlebt. Er kehrte nach Hause zurück, aber dort warteten schon Polizisten auf ihn. Sie verhafteten ihn, sagten „Komsomolez“ zu ihm und sandten ihn zum Babij Jar.

Dort liegt auch der andere Bruder meiner Mutter. Er war einer der führenden Ingenieure der Kiewer Automatischen Telefonzentrale und bereitete die Khreshchatyk Straße zur Sprengung vor.

Insgesamt liegen dort sieben Mitglieder meiner Familie. Das kann ich nicht vergessen.

Wir blieben am Evakuierungsort Ufa bis November 1943. Am 6. November wurde Kiew befreit. Mein Vater nahm an der Befreiung von Kiew teil und als sich die Gelegenheit bot, sandte er uns durch Militärleute eine Einladung. Schon am 19. November kehrten wir nach Kiew in unsere alte Wohnung zurück. Kiew war menschenleer, überall waren Ruinen zu sehen, es war sehr still. Doch die Grundversorgung funktionierte irgendwie, man konnte z. B. mit Brotmarken Brot erwerben.

Die Militärleitung von Kiew hat die Massengräber in Babij Jar geöffnet, damit alle sehen konnten, was dort tatsächlich geschehen war. Meine Mutter hat gesagt „Dort liegen unsere Lieben, wir müssen sofort hinfahren!“ Meine Mitter, meine Schwester und ich fuhren zum Babij Jar.

Es war ein gruseliger Anblick, ich hatte Angst und versteckte mich hinter meiner Mutter. Ich erinnere mich nicht, wie meine Schwester darauf reagierte, aber ich musste mich verstecken, weil es unheimlich schrecklich war. Unendliche Reihen von nackten, verstümmelten Menschenkörper…

Meine Mutter hat nach unseren Verwandten gesucht, aber es ist ihr nicht gelungen. Ungefähr sechs Monaten später wurden die Gräber in Babij Jar zugeschüttet und ein Kriegsgefangenenlager für deutsche Soldaten auf dieser Stelle errichtet…

Im Buch der Erinnerung, das in Kiew 1991 veröffentlicht wurde, auf der Seite 54, stehen fünf Namen von den sieben meinen Verwandten die in Babij Yar getötet wurden. Das ist mein Onkel Nürenberg Abram, seine Frau Alla Nürenberg, ihre Tochter Ira, mein Großvater Nürenberg Efim Abramovich und sein Bruder Chaim Nürenberg.

Emilia Arsenjew

Geboren bin ich in Kamjanez-Podilskyj. Meine Eltern stammten von dort; sie wuchsen beide in den Großfamilien auf: Mein Vater hatte zwei ältere Brüder und eine Schwester. Mein Großvater väterlicherseits wurde in einer Familie mit 16 Kindern geboren, von denen nur acht am Leben blieben. Als mein Vater elf war, starb sein Vater, mein Opa. Die Brüder kümmerten sich um die Familie. Meinen Vater behandelten sie wie ihren eigenen Sohn.

Die Familie des mittleren Bruders – des Onkels Sergej – lebte in Kamjanez-Podilskyj. Er selbst arbeitete in einer Textilfabrik in Chmelnizk, dem ehemaligen Proskurow. In Proskurow lebte noch ein Bruder von ihm. Als der Krieg begonnen hatte, half der Onkel Sergej der Familie des Bruders mit drei Kindern abzureisen. Nachdem er sie in den Zug zur Evakuierung gesetzt hatte, kehrte er nach Kamjanez-Podilskyj zu seiner Frau und dem jüngeren Sohn zurück. Der ältere Junge befand sich zu diesem Zeitpunkt bei den Großeltern in Odessa, wohin er nach dem Ende des Schuljahres gefahren war (eigentlich sollte der Jüngere dahin fahren, aber man hatte den Älteren geschickt). Sie wollten wegfahren, aber es gingen keine Züge mehr. Dann beschlossen sie zu Fuß zu gehen. Die Deutschen haben sie aber eingeholt und zurück nach Kamjanez-Podilskyj gebracht, und natürlich landeten sie im Ghetto. Die Ehefrau und das Kind wurden früher erschossen als der Onkel. So erzählten es die Augenzeugen, ihre Nachbarn. Die Kinder und Frauen wurden getrennt voneinander erschossen. Dem Onkel hat man die Arbeit angeboten, da er ein Fachmann in der Textilfabrik war, den man benötigte. Er hatte jedoch erfahren, dass seine Frau und Kinder erschossen wurden, und lehnte ab. Und am 29. August 1941 wurde auch er erschossen. Das ist mit Gewissheit bekannt.

Ihr Sohn Wladimir überlebte. Nachdem er zusammen mit den Großeltern aus Odessa evakuiert wurde, schrieb er später alle möglichen Behörden an, konnte aber keine Informationen über seine Eltern herausfinden. Als Kamjanez-Podilskyj 1944 befreit wurde, kehrte er zurück. Von den Nachbarn erfuhr er, was passiert war. Mit dieser Last lebte er ein Leben lang. Er hatte sehr darunter gelitten, dass er anstelle seines jüngeren Bruders nach Odessa gefahren und am Leben geblieben war, während sein Bruder starb. Später ist er ein guter Jurist geworden, hatte auch Bücher geschrieben. In einem Buch erzählt er über das Schicksal seiner Eltern und des Bruders. Seinen Sohn hat er nach seinem Vater Sergej benannt. Als Sergej wiederum eine Tochter bekam, gab er ihr den Vornamen Alexandra, zu Ehren des umgekommenen Bruders seines Vaters.

Noch verblieb in Kamjanez-Podilskyj die Großmutter meines Vaters, sie war 98 Jahre alt und konnte nirgendwohin wegfahren. So saß sie eines Tages im Hof, die Deutschen kamen in den Hof und haben sie einfach erschossen, das ist alles.

Meine Großmutter mütterlicherseits hatte noch eine Schwester und zwei Brüder. Die Schwester lebte mit uns ihr ganzes Leben lang, ein Bruder ging an die Front und kam dort um, und der zweite hatte versucht, seine große Familie wegzubringen. Als sie mit einem Pferdewagen unterwegs waren, wurden er, seine Frau und ihre vier Kinder von den Faschisten angehalten, zurückgebracht und erschossen. Mütterlicherseits habe ich praktisch keine Verwandten mehr.

 

Klara Katz

Clara Katz wurde in Czernowitz in einer jüdischen Familie geboren. Als der Krieg begann, war sie gerade fünf Jahre alt. Im August 2016 sprachen wir mit ihr im jüdischen Museum in Czernowitz.

(Hintergrund ist die Deportation der Bukowina Juden durch deutschen Besatzer nach „Transnistrien“. Etwa 185.000 Juden und Roma kamen dort in Todeslagern um. Auf den Märschen kam es zu Massenerschießungen u.a. am Fluss Dnjestr. Vor allem im harten Winter 1941/42 starben Zehntausende an Hunger, Krankheiten und Entkräftung.)

„… Als wir den Dnjestr auf der Brücke überquerten, war es sehr beängstigend, die ganze Zeit wurden Schüsse abgefeuert (Maschinengewehrsalven). Die verletzten und sterbenden Menschen fielen in den Fluss und der Dnjestr war rot von Blut. Es war schrecklich. Auf dem Todesmarsch sollten wir unsere Wertsachen übergeben. Wir hatten keine Wertsachen, aber Mama und Papa hatten einen Ehering und Papa sprach zu uns. „Ich sagte ihnen, diese Ringe werden nicht aufgegeben.“ Er nahm seinen Ring ab und meine Mutter auch und sie warfen sie in den Fluss. Als wir die Brücke überquert hatten, gab es dort nur sehr wenige Menschen, weil so viele während des Übergangs gestorben sind.“

„Dann kamen wir in das Lager „Pechora.“ – ein schreckliches Todeslager. Das erste Gebäude sah aus wie eine Schule, nur ohne Fenster und Türen, wir haben uns aber gefreut, dass wir endlich hier auf dem Boden sitzen und schlafen konnten. Mein kleines Brüderchen, er war kurz vor dem Krieg geboren, starb dort elendig. Ich werde das mein ganzes Leben lang erinnern – er war sehr schön: so hell, mit blauen Augen. Mutter tat was sie konnte, aber ohne Hilfe starb das Baby.

Meine Mutter schrie vor Trauer, dann kamen zwei Faschisten, einer ergriff meinen toten Bruder und warf ihn einfach in einen nahe gelegenen Graben. Es war schrecklich, was mit uns passiert ist.

Papa tröstete meine Mutter so gut er konnte und sagte ihr, dass dies wahrscheinlich sein Schicksal war. Mutter war erschüttert, dass wir nicht einmal wissen würden, wo sein Grab läge und mein Vater sagte: „Viele Menschen wissen nicht, wo die Gräber ihrer Angehörigen sind. Beruhige dich bitte.“ Meine Mutter fiel in Ohnmacht, mein Vater brachte sie wieder zu Bewusstsein. Es war schwer zu überleben und noch schwerer zu erinnern.

Im Lager gab es am Morgen diese Zählappelle. Jeder Block hatte 10 mal 10 Menschen. Unser Block war Nr. 11. Die ersten zehn Blöcke wurden ausgewählt, um erschossen zu werden.

Vater hat mir gesagt, dass der Boden (von Schüssen und Körpern) bebte, als er die Baracke verlassen hatte. Unter den Leichen hörte er Schreie und fand einen Jungen. Wir hatten ihn schon früher gesehen, er war zwölf oder dreizehn Jahre alt. Als mein Vater ihn zu uns gebracht hatte, war aus ihm ein alter Mann mit grauen Haaren geworden. Er zitterte am ganzen Leib und es schüttelte ihn die ganze Zeit. Seine Mutter hatte sich bei der Erschießung schützend vor ihn geworfen und hatte es geschafft, ihn nach unten zu schieben.

Nach diesem Vorfall haben wir verstanden, dass es sehr schwierig sein würde, im Lager am Leben zu bleiben. Vater versammelte uns und sagte: „Hier erwartet uns nur der Tod, und wenn wir fliehen und gefasst werden, wartet auch der Tod. Also riskieren wir die Flucht, vielleicht kann einer von uns überleben. „Vater fand eine Lücke im Zaun und wir entkamen in die dunkle Nacht, weg von „Petschora“. Am Nachmittag versteckten wir uns im Wald und mein Vater versuchte irgendwo im Dorf, ein Stück Brot oder Kartoffeln zu bekommen. Leute haben tatsächlich ihr Letztes mit uns geteilt.

Eines Abends kam die Patrouille. Aber wir wurden nicht getötet, sondern in ein anderes Lager gebracht. „Skazenets“ war aber auch ein Todeslager. Es war sehr schwierig dort, die Menschen hungerten, die Menschen verhungerten.

Eines Tages jagte mich ein Polizist. Ich lief weg und verletzte mich am Bein. In diesem Lager gab es einen sehr guten (vermutlich deutschen) Arzt. Er kam, weil er den Lärm gehört hatte und fragte, was geschehen war. Er sprach leise und beruhigte die Situation irgendwie. Er kam, wusch und verband meine Wunde. Seitdem war er zu mir sehr lieb und sagte, dass ich ihn an seine Tochter erinnern würde. Immer, wenn er konnte, gab er mir ein Stück Brot oder etwas Anderes. Er bat um Erlaubnis bei meinen Eltern, dass ich tagsüber zu ihm komme und im Haushalt helfe. Er sagte, dass ich das machen soll, was ich kann, mehr nicht. Falls aber jemand vorbeikommt, würde er schimpfen. Ich müsse aber keine Angst haben. So schützte er sich selbst.

Ich ging für eine längere Zeit zu ihm. Aber eines Tages sagte er mir, ich könnte nicht mehr kommen. Das bedeutete wohl, dass etwas geschehen war…

 

Vater beschloss, dass wir wieder fliehen sollten und wir flohen. Wir schafften es, nach Mogilev-Podolski zu kommen. Wir lebten dort im Ghetto in einem Raum.

Dort gab es ab und zu Erbsensuppe, auf die wir in einer langen Reihe warten mussten. Einmal, als wir wieder für Suppe anstanden, war vor uns ein alter Mann auf Krücken in der Schlange. Er bat die Leute ihn vorzulassen, weil er kaum stehen konnte. Kaum hatte er etwas Suppe in seinen Teller bekommen, stieß ein Polizist ihn zu Boden und der Polizist begann ihn schrecklich zu schlagen und zu treten. Er blutete aus dem Mund, bekam schreckliche Krämpfe und starb auf der Stelle. Seither konnte ich über 50 Jahre lang keine Erbsensuppe essen oder kochen – die schreckliche Erinnerung tauchte sofort vor meinen Augen auf.

In Mogilev-Podolski blieben wir bis März 1945. Am Vorabend der Befreiung hatte Papa gehört, dass die Rote Armee sich nähert. Aus Angst vor den Nazis, die vielleicht auf der Flucht alle töten könnten, um die Spuren zu vernichten, mussten wir uns erneut verstecken. Eine Anwohnerin sagte uns: „Ich habe einen Keller, kommt!“ Wir saßen dort die ganze Nacht. Am Morgen öffnete sich die Tür ganz plötzlich langsam. Wir schrien und weinten, dachten, dass wir jetzt alle erschossen werden. Aber ein Soldat hob die Hand: „Ruhig, ruhig, weint nicht! „Er zeigte uns den roten Stern auf seiner Mütze und wir weinten wieder, aber jetzt vor Freude. Er sagte uns, wir könnten nach Hause gehen… Und am nächsten Morgen rückte dann die Rote Armee ein und wir feierten die Befreiung.“

Nach ihrer Befreiung kehrte die Familie nach Czernowitz zurück. Die kleine Clara ging zur Schule. Nach der Schule ging sie erst auf eine pädagogische Hochschule und absolvierte dann die Universität. Ihr ganzes Leben lang hat sie als Lehrerin in Czernowitz gearbeitet.

Kateryna Terlezka

Herr Kuschnir: Frau Katerina, erzählen Sie uns bitte, was für eine Gegend ist das, wo wir uns gerade befinden?

Frau Kateryna: Das ist ein Hügel in Gartenberg (Sadygora), den die Menschen für die Entspannung und Ruhe bevorzugten. Ich war hier das erste Mal im Jahr 1944 mit meiner Tante, als ich noch 7 Jahre alt war. Und das erste, was mir damals aufgefallen ist, war eine Grube in der Menschenkörper mit halb bekleidet in verschiedensten Haltungen lagen. Dort rund ums Grab versammelte sich eine Menge von Leuten, doch ich beachtete sie kaum, da ich niemanden kannte. Einige fingen an zu weinen und da ich noch ein kleines Kind war, habe ich das sehr schmerzhaft empfunden. Doch das Erstaunlichste für mich dabei war, dass kleine Kinder von ihren Eltern und Angehörigen nach ihren Anziehsachen erkannt wurden. An das Ende der Situation kann ich mich schon nicht mehr erinnern. Und nach mehreren Jahren habe ich mich nach dem Beerdigungsort dieser erschossenen Juden erkundigt und man zeigte mir dieses Grab. Von der 38. Schule aus, wo ich studierte, führte ein Pfad bis zum Friedhof, das wir oftmals benutzten. Gewöhnlich gab es auf diesem Friedhof ausschließlich plattenförmige Grabsteine (überwiegend in einem verfallenen Zustand). Eines Tages war dort eine ungewöhnliche Grube mit dem großen Stein oben angelegt worden, wie es sich herausgestellt hatte, wurden in dem alle erschossenen Juden beerdigt.

Herr Kuschnir: Frau Kateryna, aber jetzt wissen Sie schon, was da vorgefallen ist? Können Sie uns diese Geschichte erzählen, warum es da ein Grab mit Menschenleichen und menschlichen Sachen gab?

Frau Kateryna: Ich hab vor 2 Jahren in einer Zeitung die Reportage einer jungen Journalistin gelesen, in der es sich um das im Dorf gefundene Grab der erschossenen Juden handelte. Und dieser Artikel hat gleich in meinem Kopf die alten Erinnerungen an diesen Ort hervorgerufen. Ich muss zugeben, dass ich mich ab und zu daran erinnerte. Und ich habe entschlossen, diese Geschichte ans Licht zu bringen um die Wahrheit zu enthüllen. Dazu hat mich unser Priester Kschyschtov bewegt, dem ich von diesen Juden erzählt hatte. Der erwiderte, er kenne diese Geschichte und man müsse die Namen dieser Menschen feststellen und sie damit verewigen. Und da fing ich an, nachzufragen. Erstens bin ich zur Frau Lönzi Gontschar gegangen und mich danach erkundigt, ob sie mir etwas davon erzählen konnte. Und die versuchte all das wieder im Gedächtnis wiederzubeleben. Es sei im Frühling in der Nacht passiert, als sie noch klein war. Man führte Menschen entlang der Dynaiwska Straße nach oben. Ihr Vater hat die Schüsse hier auf dem Hügel gehört und befahl den Kindern, sich auf dem Dachgeschoss zu verstecken. Alle hatten eine riesige Angst. Am Morgen ging eine ältere Schwester ins Dorf um festzustellen, was dort los war. Und sie erzählte schreckliche Dinge: es wurde in der Nacht eine große Menge von Menschen erschossen, und dort, wohin die Leichen hineingeworfen worden waren, bewegte sich die Erde. Und da ,an dieser Stelle, wo wir gerade sind, gab es einen Panzergraben, den die Rumänen für die Stadtverteidigung errichtet hatten Und dort unten, etwa entfernt vom Panzergraben, lagen die eingegrabenen Menschen. Es sei betont, dass dieses Begräbnis nicht besonders tief war, die Menschenkörper befanden sich in einem relativ guten Zustand (Die Verwesung hatte noch nicht angefangen). Und das erweckte mein großes Interesse. Im Nachhinein habe ich erfahren, dass es auch ein paar Juden gelungen ist, dem Tod zu entkommen. Es war eine Frau mit dem Kind, die bei meiner Nachbarin nur zwei Tage wohnten. Wo sie heutzutage sind, habe ich keine Ahnung. Doch es gab auch solche Leute, die mir bei solchen Fragen den Rücken zeigten und kein Wort mehr sagen wollten. Und ich ließ sie deswegen in Ruhe. Etwa später danach hat mir eine junge Frau die von ihrem Vater gehörte Geschichte nacherzählt. Während dieses Todeszuges entlang der Dynaiwska Straße kam ein Mädchen zu ihm unbemerkt in den Hof und bat ums Versteck. Der ließ es in den einen erkalteten Ofen hineinsteigen und am Morgen ging diese Mädchen fort. Kurz danach kamen die bewaffneten Männer und fragten nach ihr.. Doch der Handwerker erwiderte, er habe niemanden gesehen. Auf diese Weise wurde eine junge Jüdin gerettet. Was hat für sie das Schicksal im Nachhinein vorbereitet, kann heute leider niemand genau sagen. Es sei auch erwähnt, dass die Juden auch von den hiesigen Leuten ermordet wurden, die bei diesen Soldaten arbeiteten. Das waren überwiegend Handwerker. Ich kann mich noch genau daran erinnern, als wir im Jahr 1944 ins Dorf angekommen sind, dass man zu ihrer Hauptbeschäftigung die Herstellung der Pelzmäntel und Stiefel, die Bearbeitung der Tierhaut zählte.

Herr Kuschnir: Frau Kateryna, haben Sie bis dahin irgendwie versucht, genau festzustellen, eventuell mit irgendwelchen schriftlichen Quellen, was gab es am Ort, wo wir uns gerade befinden?

Frau Kateryna: Natürlich, habe ich daran gedacht, aber ich wußte nicht an wen ich mich wenden sollte. Es herrschten damals andere Zeiten und dieses Thema wurde überall verschwiegen. Als Kind bewahrte ich dieses Erlebnis im Gedächtnis, doch danach begann ich ein neues Leben, und das gesehene Bild ist teilweise verblasst. Und nur vor wenigen Jahren bin ich auf die schon oben erwähnte Reportage gestoßen von den Ausgrabungen und alles erschien vor meinen Augen, als ein Geschehnis von morgen.

Ich weigerte mich ja am Anfang, doch dann raffte ich mich zusammen und ging zur Frau Natalja Woronzowa, Leiterin der Organisation „Chesed Suschana“. Diese Geschichte erweckte gleich ihr Interesse, da sie davon zuvor gar nichts gehört hat. Wir haben uns dann verabredet und sind hierher im Winter gekommen. Und da haben wir diesen Grabstein gesehen, da es damals noch keinen Schnee gab. Auf welche Weise wurde er auf den Hügel geschleppt, hab ich keine bloße Ahnung.

Ich habe mich auch mit dieser Frage an „???“ („Sicherheitsdienst der Ukraine“) gewandt. Ich wurde dort von einem Herrn Wolodymyr empfangen, dessen Überraschung unübersehbar war, dass ich gekommen war. Alle Mitarbeiter kamen aus ihren Arbeitszimmern heraus, um mich zu begutachten Und das fand ich wohl komisch. Ich erzählte ihm das Ziel meines Besuch, worauf er erwiderte, er wisse schon längst von diesem Massaker, doch es gibt keine Bestätigugsunterlagen vorhanden, alle wurden vernichtet. Ich war sehr erstaunt deswegen. Diese Unterlagen sind ja ein historischer Beweis. Doch kurz danach ist mir eingefallen, dass man oft die Gespräche von den Kusisten führte. Ich habe dann gleich wichtige Informationen über Kuslo herausgefunden, dem Leiter der rumänischen nazistischen Organisation, dessen Soldaten in Sadygora waren. Deswegen wandte ich mich wiedermal an Herrn Wolodymyr bezüglich der Unterlagen von dieser Organisation und bekam letztendlich eine positive Antwort. Doch es hat sich herausgestellt, dass diese Akten und Angaben ins Kiewer Büro übergeben wurden. Es sei auch erwähnt, wenn ich mich bei einer Frau nach den Nachnamen dieser Männer erkundigte, sie sagte, es sei niemand von denen zurückgekehrt, da sie vor Gericht gestellt werden sollten.

In meinen Erinnerungen blieb nur ein Nachname Bulyga. Er wohnte auf unserer Straße und stellte für mich etwas Schreckliches dar. Und wie es sich später herausstellte, nahm auch er an dieser Mordaktion teil.

Herr Kuschnir: Frau Kateryna, sagen Sie uns noch bitte, warum haben sie sich entschieden, davon zu erzählen?

Frau Kateryna: Wie ich schon oben gesagt habe, es herrschten früher andere Zeiten. Doch als ich diese Reportage in der Zeitung ausfindig machte, ist mir bekannt geworden, dass Menschen sich dafür zu interessieren beginnen. Und ich hab entschlossen, dass alle die Wahrheit wissen sollen.